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MUSIK von VoltaireOnline.eu
Serge GAINSBOURG von Lina Benner Das ehemalige "enfant terrible" Frankreichs Man würde nicht glauben hinter wie vielen Liedern dieser Name steckt: Serge Gainsbourg. Er wurde 1928 als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer, unter dem Namen Lucien Ginzburg, in Paris geboren und starb 1991, ebenfalls in Paris. Er war Komponist, Sänger und Songwriter, schrieb u.a. Lieder für Brigitte Bardot, Dalida und Catherine Deneuve. Serge Gainsbourg beeinflusste die französische Pop-Musik sogar dahingehend, dass man ihn als größten französischen Popstar bezeichnet. Seine Kreativität und Schaffenskraft machte auch vor Kino und Literatur nicht halt: mehr als 40 Filme gehen, was Drehbuch und Filmmusik betrifft, auf ihn zurück. Serge Gainsbourg war aber vor allem eines: provokant. Das Lied "Je t'aime...moi non plus", welches er zusammen mit Jane Birkin sang, klingt als hätte man das Bettgeflüster zweier Liebenden während ihres Liebesaktes aufgezeichnet. Sogar der Papst äußerte sich damals dazu. Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus Die Musik wie auch die Liebe zur Kunst wurde Serge, der damals noch Lucien hieß, praktisch in die Wiege gelegt. Sein Vater Joseph Ginzburg war ausgebildeter Musiker und trat in verschiedenen Jazzbars in Paris auf. Er sorgte dafür, dass Serge sehr früh eine Klavierausbildung erhielt. Bereits mit 8 Jahren beherrschte Serge Stücke von Bach und Chopin. Joseph Ginzburg schickte seinen Sohn auf eine Kunsthochschule in Montmartre, um sein Interesse an der Malerei zu fördern. Als der Zweite Weltkrieg ausbricht, ändert sich das Leben der Ginzburgs schlagartig. Sie müssen fortan einen Judenstern tragen und fliehen 1941 nach Limoges. Dort muss sich Serge drei Tage lang vor SS-Truppen im Wald verstecken. Seine Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus verarbeitet er in dem 1975 erschienen Album "Rock around the bunker" auf seine ihm eigene provokative Art und Weise. Er schockiert mit Liedern wie "Nazi Rock" oder "SS in Uruguay". Doch da er auf Grund seiner jüdischen Herkunft Antisemitismus am eigenen Leib erfahren hat, gibt es auch Stimmen, die es ihm nachsehen Die Musikkarriere beginnt Nach Ende des Zweiten Weltkrieges kehrt Familie Ginzburg nach Paris zurück. Serge widmet sich zunächst der Malerei und schlägt sich mit Gelegeheitsjobs wie Zeichnen- und Gesangsunterricht durch. Im Frühjahr 1947 lernt er seine erste Frau Elisabeth Levitsky kennen, Tochter russischer aristokratischer Einwanderer. Elisabeth hat Kontakte zu Künstlern des Surrealismus. Ab 1951 kann Serge sich, dank den Beziehungen seines Vaters, als Pianist in verschiedenen Bars seinen Lebensunterhalt verdienen. Ab 1954 fängt er selbst an zu komponieren. Prägend für sein weiteres Wirken ist ein Auftritt von Boris Vian, der Balladen und Gedichte mit Trompetenbegleitung vorträgt. Serge ist begeistert von dem Pessimismus und schwarzen Humor, den Boris Vian in seinen Texten zum Ausdruck bringt. Ab 1957 begleitet er die Sängerin Michèle Arnaud auf dem Klavier während ihrer Auftritte in Pariser Nachtclubs. Nach und nach singt die Künstlerin auch immer mehr von seinen eigenen Kompositionen und nimmt 1958 einige seiner Chansons auf Schallplatte auf. Sie ist somit die erste, die seine Lieder interpretiert. Während dieser Zeit ist Serge auch mit Salvador Dali befreundet, doch Boris Vian bringt ihn 1958 dazu, sich von der Malerei abzuwenden und sich ganz auf die Musik zu konzentrieren. Serge entdeckt auch eine andere Leidenschaft: die Frauen. Aufgrund zahlreicher Affairen wird seine Ehe, ebenfalls 1958, geschieden. Etwas um diese Zeit ändert er seinen Namen um: aus Lucien wird Serge. Der Künstler wählt diesen Namen in Anlehnung an seine russische Herkunft. Ginzburg wird zu Gainsbourg, angeblich in Erinnerung an seine Lehrer, die seinen Namen immer so verzogen hätten. Serge Gainsbourg Jane Birkin Der Gainsbourg-Stil Nun geht es mit seiner Karriere steil bergauf. Nachdem sein Vater ihm einen Gastauftritt in dem Pariser Club "Milord l'arsouille" verschafft, wird die Plattenfirma Philips auf ihn aufmerksam und bietet ihm an ein Demotape aufzunehmen. Zusammen mit Boris Vian produziert er Anfang der 60er Jahre sein erstes Album "Du Chant à la Une". 1961 erscheint sein erster Hit "Le Poiçonneur des Lilas", welcher von einem Mann handelt, der vor der Metro stehend tagaus tagein Fahrkarten stanzt. Es ist eine Parodie auf einen der unnötigsten Berufe der Welt, wie Serge Gainsbourg selbst gesagt hat. Daraufhin folgt die weitere Erfolgssingle "La Javanaise" und die Alben "Confidentiel" und "Percussions". Mit diesen Werken prägt er seinen Stil, welcher sich in einer frauenverächtlichen Haltung, einer Affinität für schwarz-humoristischen Einlagen und einer Begeisterung für neue Starlets manifestiert. Desweiteren schreibt er viele Lieder für andere Sänger. 1965 gewinnt France Gall mit dem von ihm komponierten Lied "Poupée de cire, poupée de son" den Eurovision Song Contest. Von 1964 bis 1968 ist er außerdem mit Francoise Antoinette Pancrazzi verheiratet. Aus dieser Ehe geht seine erste Tochter Charlotte hervor. Serge Gainsbourg Jane Birkin Skandale über Skandale Im Jahr 1968 lernt Serge Gainsbourg die Engländerin Jane Birkin kennen, mit der er sehr lange liiert ist. Er ist 40 Jahre alt, sie 22. Gemeinsam nehmen sie das Skandallied "Je t'aime...moi non plus" auf, welches von vielen Radiosendern gar nicht und von einigen nur nachts gespielt wird. Aufgrund seiner Obszönität gilt es als Tabubruch. In den 70er Jahren ändert Gainsbourg sein Erscheinungsbild: längere Haare, unrasiert, kettenrauchend und daueralkoholisiert. 1973 erleidet er auf Grund seines ungesunden Lebensstils eine Herzattacke, bleibt jedoch seinem Dandy-Lebensstil treu. Ein weiteres Lied von ihm sorgt für Furore: die Reggaeversion der Marseillaise mit dem Titel "Aux Armes Et Caetera", welches 1978 erscheint. Frankreich ist brüskiert, doch Serge Gainsbourg bleibt unverbesserlich. 1984 veröffentlicht er das Lied "Lemon Incest", dass er gemeinsam mit seiner Tochter Charlotte singt. Außerdem verbrennt er während eines TV-Auftritts einen 500 Franc-Schein. Mit derartigen Aktionen sorgt er immer wieder für Schlagzeilen. Mittlerweile ist er mit der 32 Jahre jüngeren Bambou zusammen. 1990 schreibt der Star die Texte für das zweite Album von Vanessa Paradise. Dies soll das letzte Mal sein, dass er künstlerisch tätig wird, denn im März 1991 erleidet er eine Herzattacke und stirbt. Am Tag seiner Beerdigung auf dem Friedhof Montparnasse liegt der gesammte Pariser Verkehr lahm. Zahlreiche Prominente erweisen ihm die letzte Ehre. Über den Tod hinaus Clermont-Ferrand ist im Jahr 2001 die erste Stadt, die eine Straße nach ihm benennt: "Rue Serge-Gainsbourg". 2003 anlässlich seines 75. Geburtstages erscheint eine Neuauflage des Albums "Aux Armes Et Caetera". Im März 2006 am 15. Todestag von Serge Gainsbourg wird zu seinem Vermächtnis eine Sammel-CD herausgebracht, auf der angesagte Bands Lieder von ihm singen, wie z.B. Placebo ("Ballade de Melody Nelson"). Diese Beispiele zeigen, dass die Ikone Serge Gainsbourg auch 15 Jahre nach ihrem Tod nicht an Popularität eingebüßt hat. Im Gegenteil, es wird ihm posthum wahrscheinlich noch mehr Ruhm zuteil als zu seinen Lebzeiten. Er würde sich darüber freuen, wenn er es wüsste. Wir haben für euch die Texte "L'homme à tête de chou" (1976) und "La Javanaise" abgedruckt. L'homme à la tête de chou |